Biermann, Familie

Die Geschwister Erich, Herbert und Lilli Biermann Erichs Ehefrau Edith, Herberts Verlobte Hilde Sternefeld, Lilli Moses gesch. Paul

Johannisplatz 7/8

5 Stolpersteine gesetzt am 7.6.2010

 

Elfriede (*1884), Erich (*1887), Herbert (*1890) und Lilli (*1895) waren Geschwister. Ihre Eltern waren Max Biermann (1856-1922) und Mathilde, geb. Stern (1864-1919). Im Haushalt lebten auch die Großmutter Biermann, später auch Mathildes Stief-Mutter, Frau Stern mit ihrem Dienstmädchen Luise. Erich heiratete Edith, *1896 geb. Hartoch aus Düsseldorf, und hatte zwei Kinder: Anneliese (*1921) und Helmut (*1924). Auch Ediths Mutter Martha Hartoch (*1872) lebte seit 1936 in Gera. Herbert war mit 43 Jahren verwitwet. Herberts Ehefrau war die Fotografin Aenne Biermann, geb. Sternefeld (1898-1933). Sie hatten ebenfalls zwei Kinder Helga (*1920) und Gerd "Gershon" (*1923). Zum Haushalt gehörte die 1919 zum Judentum konvertierte Hilde Sternefeld aus Krefeld (*1897 geb. Noelle, seit 1926 geschieden) mit Sohn Günter (*1920). Sie war Aennes Schwägerin. Helga war 13 und Gerd 10 Jahre alt, als ihre Mutter im 35.Lebensjahr starb. Hilde vertrat sechs Jahre lang die Mutterstelle bei Aennes Kindern. Ihre Heiratsabsichten und gemeinsame Ausreise mit Herbert wurden vom Standesamt Gera durch Anwendung der nationalsozialistischen Rassegesetze mehrfach abgelehnt. Hilde Sternefeld hatte am Konservatorium in Mönchengladbach Klavier und Gesang studiert.Aennes Mutter Julie (1868-1927) war eine geborene Mack. Herbert und Erich wurden während des Novemberpogroms 1938 verhaftet und nach Buchenwald gebracht. Erich und Edith sowie Elfriede, in Hannover verheiratete Katzenstein, konnten 1939 emigrieren. Ebenso Herbert (49) und die Jugendlichen Gerd (16), Helga (19) und Günter (19). Alle getrennt und auf verschiedenen Wegen. Hilde Sternefeld starb 1942 in der Milbitzer Heilanstalt. Sie wurde 45 Jahre alt. Lilli, in 2.Ehe verheiratetei Moses, geschiedene Paul, wurde mehrfach deportiert und starb am 1.1.1945 im KZ Stutthof bei Danzig. Sie wurde 59 Jahre alt. Die jüdische Kaufmannsfamilie Biermann waren Arbeitgeber für Juden und Nichtjuden. 

Gemeinsam mit Siegfried Schießer (*1870) führten die Söhne das von Vater Max 1878 gegründete Textilgeschäft. Es war das seinerzeit größte Textilkaufhaus Thüringens mit bis zu 400 Arbeitsplätzen. Bereits 1935 mußte es zwangsweise verpachtet und 1938 zwangsverkauft werden. Die Gründungsurkunde der israelitischen Gemeinde Gera trägt die Unterschrift von Max Biermann. Max Biermann übte auch das Amt des Vorbeters aus. Erich und Edith Biermann, sowie Hilde Sternefeld gehörten noch 1939 dem Vorstand an. Herbert Biermann und Hilde Sternefeld gehörten auch dem Vorstand der "Literarischen Gesellschaft" Gera an. Belegt sind persönliche Bekanntschaft mit Carl Zuckmayer und Franz Werfel. Am 6.April 1945 wurde das Kaufhaus im Luftkrieg zerstört. Ernsthafte Bemühungen der Familie Biermann um Wiederaufbau wurden von den SED-Machthabern erfolgreich vereitelt.

Bekannt ist auch der Schoder-Brunnen im Dahliengarten als "Biermanns Zwirnsrollen". Max Biermann hat den Brunnen bezahlt. Er spendete für den Neubau des Geraer Theaters. Der heutige Biermann Platz in Gera- Untermhaus, hieß eigentlich Prinzenplatz. Zur DDR-Zeit befand sich dort eine Freiluftbühne, wo die jährlichen Pressefeste der Zeitung "Volkswacht" stattfanden. Trotz 30-jähriger Zwangsbezeichnung als "Platz der Thälmannpioniere" blieb er im Volksmund immer der Biermannplatz.

Um das Andenken am Ort ihres Lebensmittelpunktes zu vereinen, sind die fünf Stolpersteine vor dem ehemaligen Kaufhaus-Kundeneingang Johannisplatz 7/8 verlegt worden unter Mitwirkung von Schülern des Goethe Gymnasiums. Am Freitag, den 27.6. 2010 nachts wurden alle fünf von Unbekannten ausgegraben, gestohlen und bis heute nicht wieder aufgefunden. Am 6.2.2011 wurden alle 5 neuangefertigte Steine ersatzweise am gleichen Ort gesetzt. Die ursprüngliche Anordnung der Steine wurde dabei verändert. Die Paare sind jetzt „über Kreuz“ verbunden. (MW)

 Stand 20.05.2019