Künftige Stolpersteine
Das ganze Spektrum der nationalsozialistischen Verfolgung ist auch in Gera und Umgebung nachweisbar. Mehr als 500 jüdische Personen sind hier unmittelbare betroffen (1933-1945). Das betrifft auch Personen des politischen Widerstands und Verfolgte aus religiösen und weltanschaulichen Gründen, sowie ihrer sexuellen Orientierung.
Das Ziel: Jeder Familienname soll mindestens einmal auf einem Stolperstein zu lesen sein.
Künstlerisches Anliegen ist, die Mitglieder der betroffenen Familien symbolisch mitten im Gehweg vor dem letzten freigewählten, gemeinsamen Wohnort auf ewig zu vereinen. Das führt dazu, dass bevorzugt familienweise verlegt wird, auch um spätere Nachverlegungen zu vermeiden.
Vorschläge für neue Stolpersteine
4 Stolpersteine für Arrigo und Anna Dickstein, die Kinder Melitta und Bruno (480 €)
Familie Dickstein kam Anfang der 1920er Jahre von Triest über Wien und Weimar nach Gera. Sie kauften das Haus Steinweg 12. Im Erdgeschoss befand sich das Ladengeschäft „Anna Dickstein & Co. Wäsche, Wolle, Schuhwaren“ und darüber die Wohnung. Arrigo war Vertreter der Generali-Versicherung. Er hatte als Frontkämpfer im ersten Weltkrieg eine schwere Augenverletzung erlitten. Er war fast blind. Die Mutter Anna war die resolute und erfolgreiche Geschäftsfrau. Das ermöglichte ihren Kindern eine Ausbildung. Melitta studierte bis 1914-19 in Weimar Malerei an der herzoglichen Kunstschule. In den 1920er Jahren hatte sie in Gera ein Atelier in der Agnesstr. 4. Melitta heiratete 1921. In Jena am Markt betreibt Ihr Mann das Kaufhaus Schiffer. Bruno besuchte die Geraer Amthor‘sche Handelsschule und wird Kaufmann. Er heiratetet 1932 und wurde Vater einer Tochter: Bathsheba. Nach 1933 bereiteten alle in Berlin Ihre Flucht vor. Ende 1936 waren sie noch einmal kurz in Gera. Kurz danach flohen alle erfolgreich nach Palästina (mw2024)
5 Stolpersteine für Aron Selig Katz, seine Frau Gustl , die Söhne Herz Wolff und Michael und Saul (600€)
Diese Familie floh 1914 aus Sokal in Galizien vor der kaiserlich-russischen Armee. Über Leipzig kamen sie 1916 nach Gera. Hier starb im selben Jahr Arons erste Frau Goldy bei der Geburt des dritten Kindes. Danach hielt sich Aron mehrere Monate in den USA auf. Da er aber nicht Fuß fassen konnte, kam er nach Europa zurück und heiratete die Münchnerin Gustl. Sie zog zu ihm nach Gera. Hier wurde Saul geboren. Herz Wolf, der Älteste, ging in Gera zur Schule und wurde Schriftsetzer. Während der Abwesenheit des Vaters wohnten Herz Wolf und Michael in Gera bei Tante und Onkel. Er zog früh zu Hause aus. Nach 1929 lebte er in Berlin. Er flüchtete 1940 über Frankreich, Spanien, Portugal in die USA. H.W. Katz schrieb im Exil u.a. einen in Gera handelnden zweiteiligen Roman. Michael ging in Gera zur Schule, flüchtet vor 1938 mit seiner Frau nach Palästina und kämpfte in der jüdischen Brigade der britischen Armee. Saul, der Jüngste, wird mit seinen Eltern am 28.10.1938 in der „Polenaktion“ nach Bentschen abgeschoben. Sie lebten bis 1941 in Lemberg. Alle drei wurden an einem unbekannten Tag am oder kurz nach dem 30. Juni 1941 bei einem Massaker erschossen (mw 2024).
2 Stolpersteine für die Schwestern Klara und Helene Sandheim (240€)
Klara und Helene Sandheim sind in Gera geboren. Sie waren zwei der drei Töchter des Kaufmanns Adolf Sandheim und seiner Frau Anna. Die Eltern sind 1862 und 1866 geboren, vermutlich sogar auch in Gera. Schon die Großeltern Sandheim haben hier gelebt. Ab 1887 bestand hier das Kaufhaus „Adolf Sandheim & Co“. Nach dem Tode Adolfs ab 1916 in Besitz der Gebrüder Goldmann unter Beibehaltung des traditionsreichen Namens. Klara heiratete Mendel Meyer und zog zu ihm nach Berlin. Die Witwe Klara Meyer wurde 1941 mit einem Ost-Transport nach Riga deportiert und ist dort ermordet worden Helene heiratete Bernhard Appelbaum. Frühzeitig erwarb sie sich einen Ruf als Kunstmalerin. Bereits zur Einweihung des Geraer Stadtmuseums 1910 schenkte sie dem Museum ein großformatiges Gemälde. Später ging sie nach Berlin. Vor 1938 gelang die Flucht nach Brasilien. Sie starb 1955 in Rio. Adolf hatte einen Bruder Berthold, der mit seiner Familie auch in Gera lebte (mw 2024)
4 Stolpersteine für Hermann Goldmann, seine Frau Gertrud und zwei Töchter Gerda und Erika (480 €)
Die Gebrüder Goldmann hatten hier seit 1904 Schuhwarengeschäfte. Ausgehend vom Stammhaus am Markt Gera gab es mehr als zehn Filialen in Thüringen und Sachsen. Hermann Goldmann war verheiratet mit der Jüdin Gertrud geb. Walther und sie hatten zwei Töchter. Im Novemberpogrom 1938 wurde Hermann als Jude verhaftet und nach Buchenwald gebracht. Die Familie ging 1939 nach Berlin. Die geplante Flucht aus Deutschland misslang. Am 19.1.1942 wurden sie von Berlin nach Riga deportiert und dort umgebracht. Das Amtsgericht Berlin- Schöneberg erklärte nach dem Krieg Hermann Goldmann für tot. Tochter Gerda (1912 in Gera -2003 USA) verh. und verw. Mansbach und Erika verh. Pringsauf. (1914 in Gera -11.9.1938 in Nürnberg).
4 Stolpersteine für Moritz und Frieda Kronberg und die Söhne Hermann und Isaak (480 Euro)
Moritz und Frieda Kronberg geb.Rapoport stammten aus Südpreußen bzw. Russisch-Polen. Sie kamen vor 1914 in die Haupt- und Residenzstadt Gera. Moritz Kronbergs Beruf war Weber, später selbständiger Markthändler. Er war Frontkämpfer im 1.Weltkrieg. In Gera wurden ihre beiden Söhne Hermann (1914) und Isaak (1919) geboren. Hermann verließ als 19-jähriger Gera 1933 nach Belgien und erreichte später Palästina. Isaak wurde im Januar 1938 vom Landgericht Gera verurteilt. Sein letztes Lebenszeichen stammt aus Lodz von Ostern 1939. Sein weiteres Schicksal ist noch unbekannt. Vater Moritz musste ab 10.11.1938 mit den anderen jüdischen Männern ins KZ Buchenwald. Er kam nach Gera zurück. Am 10.5.1942 wurde das Ehepaar (60/56) nach Belzyce deportiert. An einem bisher unbekannten Tag wurden sie im Vernichtungslager Majdanek ermordet.
5 Stolpersteine für Siegfried Schießer, seine Frau Flora, die Kinder Walter, Lotte und Marianne und die Enkelin Renate (600 €)
Siegfried Schießer und die 12 Jahre jüngere Flora geb. Katzenstein kamen 1904 frisch verheiratet nach Gera. Hier lebten sie 30 Jahre. Siegfried wurde Prokurist bei Max Biermann, später Mitgesellschafter der Biermann AG. Von 1905-1916 kamen drei Kinder: Walter, Lotte und Marianne.Infolge der Arisierung des Biermann-Kaufhauses wurde Siegfried arbeitslos. Die Familie zog 1935 nach Berlin. Sohn Walter war inzwischen in Braunschweig verheiratet und hatte Frau und zwei Kinder. Renate Schießer ist die 1935 noch in Gera geborene Enkelin. Familie Walter Schießer floh sofort nach Walters Entlassung aus der „Schutzhaft“ im Novemberpogrom in die USA. Im Juli 1939 gelang das auch Lotte und Marianne mit Familie. Zuletzt gelang auch Siegfried und Flora die Flucht, nachdem die Kinder 1940 für ihre Eltern die US-Bürgschaft erklärten.
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