Brüg, Familie

Ernst Brüg, seine Ehefrau Gertrud, Sohn Brüg, Tochter Hannelore verh. Silberberg

Schlossstraße 2/ Ecke Sorge 1

4 Stolpersteine gesetzt am 8.04.2009 (1) und dazugesetzt am 17.06.2011 (3)

Gustav Brüg (1848-1906) aus Könnern war verheiratet mit Anna, geb. Herzfeld. Ihre Kinder hießen Kurt (1885-1886), eine weitere Tochter, Ella (1886-1897), Alfred, (geb. 1878 in Köthen), Berthold (geb.1880 in Köthen), Ernst (geb.1883 in Gera), Willy (1892 in Gera-1915 gefallen) und Lucie Pauline (geb. 1901 in Gera). Die drei ersten Kinder starben früh. Alfred, Berthold, Ernst und Willy (von Beruf Architekt, Gebrauchsgrafiker) waren Soldaten im Ersten Weltkrieg.

Alfred und Ernst erbten das Schuhgeschäft ihres Vaters Gustav. Die Brüder wurden im Novemberpogrom 1938 verhaftet und nach Buchenwald gebracht. Ernst starb kurz darauf an den Haftfolgen am 7.12.1938 in den Milbitzer Heilanstalten. Alfred blieb unverheiratet. 1938 zog er nach Leipzig. Alfred wurde nach Inhaftierungen in Sachsenhausen (17.6.-8.9.1938) und Buchenwald (ab 10.11.1938) am 21.01.1942 nach Riga deportiert. Dort wurde er ermordet. Berthold heiratete Frieda „Friedel“, 1903 in Breslau geb. Cohn. Die Familie wohnte in Berlin. Berthold mit Frau Frieda wurden am 29.1.1943 von Berlin nach Ausschwitz deportiert und ermordet. Der Kunstmaler Siegfried Gilles in Amsterdam (geb. 1897) war Gertruds jüngerer Bruder. Auch er wurde am 1.10.1944 in Auschwitz ermordet. Ernst verlor als Soldat im Ersten Weltkrieg sein Gehör. Er war verheiratet mit Gertrud (1890 in Berlin geb. Gilles, orthopädische Schuhmacherin). Gertrud Brüg war die Schriftführerin im letzten Vorstand der jüdischen Gemeinde Gera.

Ernst's Sohn hieß Günter "Guy Bishop" (geb. 1926 in Gera). Nach 4-jährigem Besuch der Untermhäuser Volksschule, ging er ab 1937 als 11-jähriger nach Hannover ins Internat Emmerberg und besuchte das jüd. Gymnasium. Nach dem 9.11.38 besuchte er die jüdische Schule mit Kinderheim in Leipzig. Von dort schmuggelte er sich im Juli 1939 als Ersatzmann für einen Kranken im letzten Kindertransport nach England.

Nach gelungener Flucht kam als 13-jähriger zu Pflegeeltern, Fam. Bishop, die einen gleichaltrigen Sohn hatte. 1943 meldete sich freiwillig zur Elite Black Watch. Als Angehöriger des British Intelligence Corps soll er Heinrich Himmler identifiziert haben, was zu dessen Verhaftung führte. Bis 1947 war er als Major der britischen Militärverwaltung in Ostfriesland, später in Köln.

Nach der Militärzeit studierte er in Oxfort Chemie, ging 1952 nach New York (ab 1973 in Newtown, Connecticut). Er war erfolgreich als Wirtschaftsberater tätig. 1960 heiratete er Eleonore „Lo“ aus Gütersloh. Die Ehe blieb kinderlos. Günter hat sich als erster Übersetzer von Heinrich Bölls frühen Erzählungen ins Englische betätigt. Günter Brüg starb am 21.04.2008.

Ernst's Tochter Hannelore (geb. 1922 in Gera) war Krankenschwester, lebte in mehreren luftkriegsgeschädigten Städten, beschaffte sich mit falschen Pässen Lebensmittelmarken. Sie wurde 1944 verraten, in Berlin verhaftet, kam nach Theresienstadt, Auschwitz, Groß-Rosen, Buchenwald, Bergen-Belsen und überlebte knapp. Sie ging nach 1945 nach Köln. Verheiratet war sie mit Wolfgang Silberberg und wohnte nach 1947 in New York. Im 17.6.1997 starb sie dort. Am 9.5.2000 starb ihr Mann, der auch in Auschwitz war. Lucie Pauline lebte bis zur Ehescheidung von dem nichtjüdischen Anwalt Eduard Braun (+1936) in Pößneck. Danach wohnte sie in Gera Sorge 1. Lucie Pauline, wurde mit ihrer Schwägerin Gertrud am 10.5.1942 von Gera in das Ghetto Belzyce deportiert. Während Lucie dort starb, kam Gertrud noch nach Majdanek und wurde dort ermordet.

Verlegeort ist vor dem Ladengeschäft, das zugleich Wohnung war. Nachdem zunächst am 8.4.2009 ein einzelner Stolperstein für Ernst verlegt wurde, kamen am 17.6.2011 drei weitere Steine für Gertrud, Hannelore und Günter dazu.

(MW. 23.11.2015)